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Gottardo Segantini 1882-1974
Description
- Gottardo Segantini
- BLICK INS OBERENGADIN, 1947 VIEW INTO UPPER ENGADIN, 1947
- Unten rechts signiert und datiert
- Öl auf Pavatex
- 114,5 x 135 cm
Literature
Catalogue Note
„Ja, ich bin ein leidenschaftlicher Liebhaber der Natur. An einem schönen, sonnigen Frühlingstage in diesen mir zur Heimat gewordenen Bergen, wenn die blühenden Alpenrosen aus dem Grau der Granitfelsen oder dem weichen Grün der Triften zart hervortreten, wenn der blaue Himmelsbogen sich in den klaren Augen der Erde spiegelt, da fühle ich einen unendlichen Jubel..." (Aus dem Tagebuch Giovanni Segantinis: Savognin, den 1. Januar 1890). Diese Gedanken und Ode an die Landschaft könnten auch von Giovanni Segantinis Sohn, Gottardo Segantini, stammen, teilten doch Vater und Sohn dieses Bekenntnis zum Leben und die Liebe zur Natur. Diese Berge und Seen wurden für Giovanni Segantini, der sein ganzes Leben staatenlos blieb, auch zur Heimat. Dargestellt ist der Blick unterhalb des Hahnensees in Richtung Silvaplanersee und Silsersee, umgeben von Bergketten mit linkerhand prominent dem Piz Margna und rechts aussen dem Piz Longhin. In der Ferne sieht man den teils schneebedeckten Piz Duan. Zwischen den beiden Gewässern erkennt man die Ebene zwischen Sils Baselgia und Sils Maria mit der Halbinsel Chasté sowie auf der linken Seite das Hotel Waldhaus. Diese Berg– und Seevedute im Frühling beeindruckt durch die grandiose Perspektive und durch die Ausarbeitung feiner Details wie der blühenden roten Bergblumen im Bildvordergrund. Gottardo Segantini verbrachte viel Zeit seines Lebens im Oberengadin, das ihn immer wieder auch künstlerisch inspirierte. Von seinem Vater, Giovanni Segantini, hatte er die bei diesem Bild exemplarisch ausgeführte divisionistische Maltechnik kennengelernt und übernommen. Der Divisionismus, so lässt sich verkürzt sagen, ist eine dem französischen Pointillismus verwandte Malweise und zeichnet sich damit aus, dass feinste Pinselstriche in klaren reinen Farben eng aneinandergereiht werden, welche den Bildern ihre einmalige Leuchtkraft und sinnliche Stofflichkeit verleihen. Die Farben werden dabei nicht auf der Palette und der Leinwand zu Tönungen vermischt, sondern getrennt aufgetragen. Der Pinselduktus ist gleichmässig, fein und präzise. Die Maler des italienischen Divisionismus oder des französischen Pointillismus stützten sich auf naturwissenschaftliche Farbtheorien und gingen davon aus, dass das Auge des Betrachters die Farben zu einem homogenen Ganzen mischt. Diese Maltechnik erzeugt eine leicht flimmernde und Licht durchflutete optische Wirkung und ist für die Landschaftsmalerei mit ihren wechselnden atmosphärischen Bedingungen und Lichtverhältnissen geradezu perfekt geeignet. Das Resultat ist eine einzige Hymne an die Schönheit der Natur.